"Ich
möchte Menschen glücklich machen mit meiner Kunst."
Ich bin 1941 in Neuss geboren. Nach meinem Schulabschluss hatte ich
Berufsträume: Ich wollte Bildhauerin, Malerin oder Goldschmiedin
werden. Ich hätte gerne einen künstlerischen Beruf gewählt,
aber mein Vater, der ein praktisch denkender Mann war, suchte mir eine
Lehrstelle in einem Schneideratelier in Düsseldorf. Dort war ich
ganz zufrieden, denn neben Nähen und allem, was so dazugehört,
durfte ich Modelle zeichnen und bald auch entwerfen. Mein Ziel war,
als Mode-designerin nach Paris zu gehen. Stattdessen habe ich geheiratet
und eine Tochter bekommen. Paris habe ich nicht nachgetrauert, denn
nun hatte ich viel Zeit, weil ich, solange unser Kind klein war, nicht
mehr berufstätig war. Ich habe viel gemalt und bin mehrmals im
Jahr zu Kursen mit anerkannt guten Lehrmeistern gefahren, um weitere
Materialien und Techniken kennen zu lernen. Als ich den ersten Strich
auf Seide malte, wusste ich: Das ist mein Material.
Als
wir 1980 unser Haus in Tetz bezogen, habe ich zwei Wände bemalt
und Steine, die ich von vielen Menschen mitgebracht bekommen hatte,
angebaut. Nun haben wir in unserem Wohnraum die ganze Welt, denn die
Steine stammen von überall her. Im Flur habe ich die Füllung
einer Tür mit Seide bespannt, auf die ich Hibiskusblüten,
Kolibris, Schmetterlinge und Bienen gemalt habe. Wenn am Nachmittag
Sonne hereinfällt, taucht sie den Raum in gemaltes Licht. Das sind
Räume, in denen wir glücklich sein können.
Mein Mann hat
meine Arbeit mit Pinsel und Farbe immer geschätzt und unterstützt,
ohne ihn hätte ich meine Träume nicht verwirklichen können.
Er hat es mir ermöglicht, trotz großem Haus und Garten und
einer Halbtagsstelle - ich habe immer zu unserem Lebensunterhalt beigesteuert
- zu Kursen und Seminaren zu fahren, um Neues zu lernen. 1985 ging ich
auf Burg Satzvey das erste Mal mit meiner Kunst in die Öffentlichkeit.
Zehn Jahre lang habe ich anstrengende Wochenenden dort verbracht, sehr
viel mit Leuten gesprochen und dabei erfahren, dass sich fast alle Menschen
Bilder wünschen, auf denen Blumen und Vögel, also Motive aus
der Natur dargestellt sind, dass sie ein Bedürfnis nach Harmonie
spüren. Das ist genau das, was ich vermitteln möchte: Ich
möchte das Glück, das ich beim Bemalen der Seide empfinde,
weitergeben. Auf einem Markt in Kommern hat ein Ehepaar Fotos meiner
Arbeiten gesehen und mich gefragt, wie ich wohl eine große Wand
in ihrer Wohnhalle gestalten würde. Ich wollte immer schon ein
Bühnenbild malen und habe sofort Pläne entwickelt. Die haben
ihnen auf Anhieb gefallen und sie luden mich ein, ihr Haus anzusehen.
Ich habe diese zwei Menschen betrachtet, das Haus, die Möbel, die
Wand, und wollte den Raum unbedingt gestalten. Auf einem riesigen Papier
habe ich eine Skizze entworfen und die beiden zur Besichtigung eingeladen.
Sie sagten wie aus einem Mund: "Das gefällt uns, fangen Sie
an." Ich habe einen Preis genannt, den sie gleich akzeptierten.
Drei Monate habe ich jeden Tag sechs bis acht Stunden gearbeitet, dann
habe ich das Bild mit Hilfe meines Mannes dort aufgehängt. Wir
saßen eine Weile davor, dann sagte der Hausherr: "Wunderbar.
Schöner hätte es nicht werden können.Was machen Sie uns
jetzt?"
Ich habe für sie eine Garderobe entworfen: Drei Schiebetüren
mit schmalem Goldrand, die äußeren bespannt mit Seide, bemalt
mit Motiven der Wohnzimmerwand, die mittlere ein Spiegel, auf dem ein
großer Jadestein sitzt. Anschließend habe ich eine Landkarte
gemalt, mit großer Experi-mentierlust, die die Hausbesitzer in
mir geweckt hatten. Einmal im Jahr treffen wir dieses Ehepaar und die
Frau sagt heute noch: "Wir stehen in Ihrer Schuld, wir sitzen vor
Ihren Bildern und schöpfen Kraft." Dieser Auftrag war eine
spannende Herausforderung und hat mich sehr befriedigt. So etwas möchte
ich sehr gerne noch einmal machen. Inzwischen habe ich meine Arbeiten
in Ausstellungen und auf Märkten gezeigt und habe Lob und Anerkennung
erfahren. Meine Bilder hängen in Antiquitätengeschäften
und Galerien und über ganz Deutschland verstreut werden Jacken
getragen, die ich bemalt und mit Edelsteinen bestickt habe. Wenn Leute
ein Kleidungsstück oder ein Bild von mir kaufen wollen, muss ich
in ihre Augen sehen und mit ihnen sprechen, dann weiß ich, was
ich malen muss. Gewöhnlich dauert es einige Monate, bis die Arbeit
fertig ist. Ich will so malen, dass die Person sich in dem Bild wiederfindet
und die Zufriedenheit, die ich beim Malen empfunden habe, spürt.
Das gelingt mir auch, wie ich aus vielen Gesprächen weiß.
Schwierig ist es für mich, Preise zu bestimmen. Kaufmännisches
Denken fällt mir schwer. Ich benutze hochwertige Seiden und teure
Farben und muss das Minimum an Material bezahlt haben. Meine Arbeitszeit
berechne ich fast gar nicht. Ich muss ja Bilder malen, ich bin süchtig
danach. Und ich will meine Sachen nicht im Schrank horten. Mit meinen
Bildern gebe ich mein Glücklichsein nach außen.
Kontakt: Annemarie Steufmehl, 0 24 62 / 85 92
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